Das Lager – die Achillesferse des SHK-Handwerks

Die aktuelle Materialknappheit ist für viele Betriebe eine immense Belastung. Die Situation wird sich wieder normalisieren. Bleiben wird die Verunsicherung und die Frage nach der eigenen Lagerhaltung. Eine gute Lagerorganisation ist nicht schwer. Branchensoftware kann an vielen Stellen unterstützen.

Eine gute Lagerorganisation braucht weder ein geschlossenes Lager noch einen Lageristen. Was dazu notwendig ist, wird in Schritt 1 des Artikels beschrieben. Sobald diese Organisation steht, eröffnen sich für den Einsatz der Branchensoftware zahlreiche Möglichkeiten. Darauf gehen wir im Schritt 2 näher ein. Der Versuch, ein unorganisiertes Lager zu digitalisieren, führt dagegen zwangsläufig ins Chaos.

Schritt 1: Grundsätzliche Regeln zur Lagerorganisation

Material ist nicht gleich Material

Für die Lagerorganisation unterscheidet man Kommissionsware, die für ein bestimmtes Bauvorhaben bestellt wird, vom Standardmaterial für den täglichen Bedarf. Dafür sind im Lager klar getrennte Bereiche erforderlich. Wichtig ist zudem ein Rückgabebereich getrennt nach Lieferanten. Alles, was nicht Standardmaterial ist, wird zurückgegeben.

Umgang mit Kommissionsware

Da dieses Material für ein bestimmtes Bauvorhaben gesammelt wird, darf davon nichts für den täglichen Bedarf entnommen werden. Um die Vollständigkeit sicherzustellen, lassen manche Betriebe möglichst das gesamte Material für ein Bauvorhaben im Betrieb anliefern. Baubeginn ist erst, wenn alles da. Böse Überraschungen lassen sich damit vermeiden.

Umgang mit Standardmaterial

Neben größeren Porzellanteilen (Waschbecken, Toiletten etc.) handelt es sich meist um kleinteiliges Material. Kleinteilig heißt allerdings nicht kleinpreisig! Beim Installationsmaterial addieren sich rasch beträchtliche Summen. Der sorgfältige Umgang damit spiegelt sich deutlich im Betriebsergebnis wider.

Wer wissen will, ob er Geld verdient, muss wissen, was aus dem Lager kommt

Nur mit der Erfassung des aus dem Lager entnommenen Materials lassen sich Aussagen über den Erfolg eines Auftrags treffen. Oft entstehen schon bei kleineren Aufträgen Kosten für Installationsmaterial in Höhe von etlichen Hundert Euro. Bleibt die Lagerentnahme außer Acht, führt das zu einer völlig falschen Bewertung des Auftrages.

Eine Artikelliste ist Grundlage der Lagerorganisation

Basis jeder Lagerorganisation ist eine Lagerliste mit allen Teilen, die im Lager vorhanden sein sollen. Die Erfahrung zeigt, dass eine derartige Liste rund 2.000 bis 3.000 Teile umfasst. Die Kundendienstfahrzeuge werden als externe Lager miteinbezogen. Die Branchensoftware zeigt, welche Artikel in der Vergangenheit fakturiert wurden. Ergänzt mit den Erfahrungen der Mitarbeiter lässt sich so eine Artikelliste erstellen. Auch Hersteller und Lieferanten zeigen sich an der Stelle sehr kooperativ. Diese „Hilfsbereitschaft“ darf allerdings die Unabhängigkeit nicht einschränken.

Eindeutiger Lagerort und Lagerkarten als Hilfsmittel

Jeder Artikel braucht seinen Lagerort. Damit ist die grundsätzliche Ordnung geschaffen.

Für die Arbeit mit dem Lager wird jeder Lagerplatz mit zwei identischen Lagerkarten in unterschiedlicher Farbe versehen. Darauf stehen die Bezeichnung, die Artikel- bzw. Herstellernummer, der Minimalbestand und die Bestellmenge.

Wird die Minimalmenge durch Entnahmen erreicht, kommt die „Bestellkarte“ ins Büro und löst die Bestellung der angegebenen Menge aus. Die andersfarbige „Bestandskarte“ verbleibt am Lagerort. So kann jeder erkennen, dass die Bestellung dieses Artikels läuft. Beim Wareneingang werden Bestellung und Liefermenge abgeglichen. Beim Einräumen der Ware wird die Bestellkarte wieder am Fach angebracht.

Schritt 2: Digitale Unterstützung der Lagerorganisation

Vorbereitende Aufgaben in der Branchensoftware

Die Lagerartikel werden in der EDV als solche gekennzeichnet und mit Angabe des Lieferanten, der Artikelnummer und der Bestellmenge versehen. Die Zuordnung von weiteren Lieferanten erleichtert einen eventuell notwendigen Lieferantenwechsel und das Führen von Jahresverhandlungen.

Im Prinzip ereignen sich im Lager drei Vorgänge:

  • die Warenentnahme,
  • die Warenrückgabe und
  • die Nachbestellung.

Mit Bar- oder QR-Codes auf den Lagerkarten und der Verwendung eines Scanners oder Smartphones lassen sich alle drei Vorgänge digital vereinfachen.

Die Lagerentnahme und -rückgabe

Nach Auftragserteilung wird aus dem Angebot oder der Auftragsbestätigung ein Massenauszug erstellt. Die EDV erkennt darin die Lagerartikel und trennt diese von der Bestellware. Für die weitere Vorgehensweise gibt es zwei Möglichkeiten:

  • Es kann ein Dokument „Lagerentnahme“ erzeugt werden. Die Einkaufssumme dieses Dokuments kann für die Baustellenbelastung verwendet werden.
  • Alternativ kann auf Basis dieses Dokuments das Material im Lager mit Hilfe eines Scanners zusammengestellt (kommissioniert) werden. Als Ergebnis entsteht ein neues „Lagerentnahme“- Dokument, das für die Belastung der Baustelle verwendet wird.

Die zweite Methode kommt zwingend zum Einsatz, wenn es im Angebot statt einer konkreten Auflistung des benötigten Materials nur eine pauschale Position „Installationsmaterial“ oder „Kleinmaterial“ gibt. Auch im Kundendienst liegt im Regelfall kein Massenauszug vor. Hier gibt es mitunter nur eine überschlägige Materialzusammenstellung oder gar nur eine handschriftliche Notiz.

Bei der Rückgabe von nicht verbrauchten Materialien wird der gleiche Weg eingeschlagen – nur mit Eingabe einer negativen Menge. Es entsteht also eine negative Lagerentnahme und die Baustelle wird entlastet.

Einfache Nachbestellung von fehlendem Material

Die Nachbestellung ist per Scanner besonders einfach. Der Lagerbestand wird regelmäßig per Sichtkontrolle überprüft. Ist die auf der Karte angegebene Mindestmenge unterschritten, wird das Produkt erfasst. Da in der Branchenlösung der Lieferant und die Bestellmengen hinterlegt sind, kann die Bestellung sehr einfach ausgelöst werden.

Wenn man sich den Weg ins Lager sparen will

Wer vom Schreibtisch aus wissen will, von welchem Material wie viel vorhanden ist und was gegebenenfalls nachbestellt werden sollte, muss auch den Wareneingang buchen. Dieser Vorgang bedeutet zusätzlichen Aufwand und hier scheiden sich die Geister. Die einen wollen sich den Aufwand sparen, weil sie meinen, dass auch bei einem geschlossenen Lager die Mengen nie zuverlässig stimmen. Sie verweisen auf den im Großhandel oft gehörten Satz: „Davon müssen noch drei Stück da sein, ich gehe mal schauen, ob das so ist!“. Die anderen halten den Aufwand für unerlässlich, weil nach ihrer Auffassung ein digital unterstütztes Lager ohne Suchzeiten nur so funktionieren kann. Die Entscheidung muss jeder selber treffen.

Der Kunde will ein Angebot – und zwar schnell

Zu den Hauptklagen über das Handwerk gehört, dass man als Kunde ewig auf ein Angebot warte. Wer beim Angebot viel Zeit mit der kleinteiligen Auflistung von Installationsmaterial verbringt, vergeudet nicht nur wertvolle Zeit. Er macht das Angebot für den Endkunden unübersichtlich und verschafft damit Mitbewerbern einen Vorteil. Hier ist es in der Regel sinnvoll mit Pauschalen zu arbeiten.

Da die Summen des Kleinmaterials oft beträchtliche Größen annehmen, sollten die Pauschalen im Nachgang im Rahmen der Abrechnung kontrolliert werden. Nur so kann man Erfahrungen sammeln, um die Pauschalen halbwegs passend anzusetzen. Dafür wird das Material, das aus dem Lager entnommen wird, exakt erfasst und der Baustelle zuordnet. Zusammen mit dem Wert der speziell bestellten Artikel sind die Materialkosten sehr exakt zu bestimmen. Falls die Abrechnung nach Aufwand erfolgt, kann so sichergestellt werden, dass alles, was verbaut wird, auch berechnet wird. Dabei kann die Lagerorganisation mit EDV sehr unterstützen.

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